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Wer-kennt-wen: Entstehung, Erfolg und das Ende der Plattform

Zu Beginn des neuen Jahrtausends entstand das Fundament für das Vernetzen von Menschen über das World Wide Web. Im deutschen Sprachraum leistete wer-kennt-wen einen entscheidenden Beitrag für den sich anbahnenden Erfolg der heute als Social Media bekannten Plattformen. Jedoch stellt sich die Frage, warum dieser Pionier heute nicht länger existent ist. Dieser Blog geht genau dieser Frage auf den Grund und deckt die Gründe für das Aus des sozialen Netzwerks auf.

Die Idee hinter Wer-kennt-wen

Der Grundgedanke hinter der Entstehungsgeschichte von wer-kennt-wen stammt von Fabian Jager und Patrick Ohler. Beide Männer lernten sich während des Studiengangs der Computervisualistik an der ehemaligen Universität Koblenz-Landau (1990–2023) kennen. In dieser Zeit entstand der Wunsch, ein Netzwerk im Internet zu erstellen, welches es erleichtern sollte, mit Familie, Freunden und Bekannten in Kontakt zu bleiben. Ursprünglich war nicht geplant, diese Funktionen außerhalb der privaten Nutzung zu erweitern.

Der offizielle Startschuss für den Betrieb der Plattform war der 3. Oktober 2006. Über Gespräche im realen Leben vergrößerte sich der Bekanntheitsgrad von wer-kennt-wen bereits nach den ersten Monaten. Die Nutzer des sozialen Netzwerks stammten zu diesem Zeitpunkt bevorzugt aus Hessen und Rheinland-Pfalz sowie dem Saarland. Schon im Frühjahr 2007 verzeichnete die Plattform 50 000 registrierte Nutzerprofile. Diese Zahl stieg bis zum Ende des Jahres nochmals sprunghaft auf insgesamt 1 Million Nutzer an.

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Archivfoto vom 03.11.2007 | archive.org

Zusatzinfos über die Gründer

Fabian Jager und Patrick Ohler hatten bis September 2010 die Geschäftsführung von wer-kennt-wen inne. Nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen widmeten sich die beiden Gründer einem neuen Projekt. Im Sommer 2011 ging der erste Prototyp der Plattform „dawawas“ an den Start. Dieses Projekt ist als Webanwendung und App verfügbar und vereinfacht das Teilen von Fotos mit einem von den Nutzern festgelegten Kreis an Personen.

So funktionierte die Social-Media-Plattform

Die Gründer von Wer-kennt-wen legten in der Gestaltung ihres sozialen Netzwerks den Fokus auf die folgenden zwei Punkte:

1. Benutzerfreundlichkeit

Die Profile innerhalb der Plattform bildeten ein Archiv, welches den Nutzern die Möglichkeit gab, auf die Suche nach Personen aus ihrem Umfeld zu gehen. Jede Anmeldung sowie die Erstellung eines Profils waren für die Nutzer der Plattform mit keinen Kosten verbunden. Die Hürden für eine erfolgreiche Anmeldung lagen insofern niedrig und waren lediglich mit dem benötigten Zeitaufwand verbunden.

Neben der Vernetzung der Profile per interner Sprachnachricht bestand ebenfalls die Möglichkeit, über Gruppen und Foren mit anderen Nutzern in Kontakt zu treten. Insofern zeigte sich an diesem Punkt bereits die Basis für die Bildung einer modernen Online-Community.

2. Hohe Sicherheitsstandards

Ein zweiter Aspekt für den Aufbau von wer-kennt-wen bestand in der Gewährleistung einer sicheren Nutzung. Zu diesem Zweck galt zum einen der Schutz der Daten vor unberechtigten Zugriffen und zum anderen die Option, benutzerdefinierte Freigaben zu verwalten. Ab dem Jahr 2010 erfolgte der Zugriff auf die Plattform ausschließlich über eine verschlüsselte SSL-Verbindung. Diese Maßnahme diente als weiterer Schutz vor Hackerangriffen zum Zweck der Beschaffung und des unerlaubten Weiterverkaufs von Nutzerdaten.

Die Kommerzialisierung des digitalen Unternehmens

Die rasant wachsende Anzahl an Nutzern blieb auch innerhalb der Medienlandschaft nicht unerkannt. Zu Anfang des Jahres 2008 erwarb die RTL interactive GmbH 49 Prozent der Anteile an der werkenntwen GmbH und wurde dadurch zum Anteilseigner des sozialen Netzwerks. Der neue Anteilseigner stammt aus dem bekannten RTL-Medienkonzern. Die Tochtergesellschaft fungiert auf einem Geschäftsmodell, welches Projekte rund um die digitale Medienlandschaft abdeckt. Nur ein Jahr später, im Februar 2009, erwarb die RTL interactive GmbH die verbleibenden 51 Prozent der Anteile.

Im Zuge dieses Wechsels der Inhaberverhältnisse entwickelte sich ebenfalls das Geschäftsmodell weiter. Das Hauptaugenmerk lag von diesem Zeitpunkt an darauf, das Wachstum des sozialen Netzwerks voranzutreiben. Das Konzept sah vor, den regionalen Charakter zunehmend auf alle deutschen Bundesländer sowie deutschsprachige Nachbarländer wie Österreich und die Schweiz zu erweitern.

Zu diesem Zweck wurden neue Funktionen wie das Auffinden ehemaliger Schulkameraden hinzugefügt, um die Attraktivität innerhalb der bevorzugten Zielgruppe zu erhöhen. Über die Erhöhung der Mitgliedszahlen sollten sich ebenfalls die Werbeeinnahmen steigern, welche bereits zum damaligen Zeitpunkt die primäre Einnahmequelle zur Kommerzialisierung einer Social-Media-Plattform darstellten.

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Archivfoto vom 06.12.2013 | archive.org

Das schnelle Ende von Wer-kennt-wen

Die Erfolgsgeschichte von wer-kennt-wen kannte zwischen der Gründung 2006 und dem Jahr 2012 quasi nur den Weg nach oben. Über mehrere Monate hatte das soziale Netzwerk einen festen Platz innerhalb der meistbesuchten deutschsprachigen Websites inne. Schon zum damaligen Zeitpunkt wurde diese Platzierung nicht willkürlich festgelegt, sondern sie entstand auf Basis der Erfassung der Häufigkeit der Zugriffe. Die IP-Adresse der Nutzer erlaubte es festzustellen, wie viele individuelle Personen bzw. Haushalte die Website innerhalb eines Monats besuchen.

Der erste einschneidende Tiefpunkt erfolgte im Jahr 2013. Auf dem Höhepunkt der Beliebtheit von wer-kennt-wen galten 63 Millionen Besuche als Durchschnitt der Interaktion mit der Website. Diese Zahl sank im Monat Oktober 2013 auf 23 Millionen ab. Von diesen Zahlen alarmiert, versuchte die RTL interactive GmbH zunächst mithilfe eines Relaunchs, die aktuellen Nutzer stärker anzusprechen und neue Mitglieder auf die Plattform aufmerksam zu machen.

Im Nachhinein betrachtet hatten die visuelle Neugestaltung ebenso wie die Einbindung neuer Funktionen den exakt gegenteiligen Effekt. Innerhalb eines Quartals verschlechterte sich die Besucherzahl nochmals auf lediglich 13 Millionen Seitenzugriffe. Im März entschloss sich der Eigentümer dazu, die Reißleine für das soziale Netzwerk zu ziehen. Nachdem die Suche nach Investoren ohne Erfolg verlaufen war, fiel die Entscheidung, die gesamte Plattform vom Netz zu nehmen. Am 2. Juni 2014 ging die Website werkenntwen.de offiziell offline.

Die Gründe für das Scheitern der Plattform

Im Laufe der Jahre nach der Abschaltung des sozialen Netzwerks gab es mehrere Versuche, eine Analyse des Endes vorzunehmen. Hierbei rückten drei Ursachen in den Fokus. Die Gründe für den Niedergang beziehen sich auf:

1. Unterschied zwischen angemeldeten und aktiven Nutzern

Auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs zählte die Plattform 9,6 Millionen angemeldete Nutzer. Dieser Erfolg lässt sich jedoch aus zwei Perspektiven betrachten. Die erste Perspektive besteht aus der reinen Zahl und dem augenscheinlich vorhandenen Interesse an dem sozialen Netzwerk. Um wer-kennt-wen in ein profitables Geschäftsmodell zu verwandeln, benötigt es die Interaktion der Nutzer mit der Plattform. Jedoch galten nur etwas mehr als 2 Millionen Nutzer als aktiv auf der Website. Diese Zahl ist für Unternehmen, die Werbung auf der Website schalten wollten, der entscheidende Wert, um über die Höhe des Werbebudgets zu entscheiden.

2. Schnelle Trendwechsel innerhalb der Social-Media-Szene

Schon in der Anfangsphase der sozialen Medien zeigt sich, dass Trends einen entscheidenden Faktor für das Maß an Interaktion mit einer Plattform bereitstellten. Wer-kennt-wen ist es im Vergleich mit internationalen sozialen Netzwerken weniger gut gelungen, als Trendsetter zu gelten und nicht die aktuellen Trends lediglich nachzuahmen.

3. Wachsende Konkurrenz durch Facebook und Co

Deutschsprachige Social-Media-Plattformen bilden im globalen Gesamtkonzept eher eine kleine Nische. Die wachsende Konkurrenz durch internationale soziale Netzwerke wie Facebook führte ebenfalls dazu, dass das Interesse an wer-kennt-wen rasant abnahm. Die Nutzer hatten quasi ein anderes Zuhause für ihre digitalen Kontakte gefunden und waren nicht bereit, Zeit in die Nutzung von mehreren Plattformen zu investieren.